Sales, Marketing und Service sind Paradedisziplinen für Digitalisierung und KI.
Doch das „wie“ stellt Unternehmen weiterhin vor große Herausforderungen.
Getrieben vom Fokus auf die operative Optimierung in Produktion und Einkauf haben Unternehmen lange Zeit die operativen Potenziale in Vertrieb, Marketing und Kundendienst unterschätzt. Doch wie im Produktionsumfeld haben sich auch in den kundennahen Bereichen längst Best Practice Modelle etabliert und wurden auf die Spezifika von Unternehmen angepasst. Leistungsverbesserungen durch ihre Anwendung erreichen Größenordnungen von 30% bis über 50% und damit schlagen sie ihre Pendants in den operativen Bereichen um Längen. Bei Unternehmen mit schnell drehendem Geschäft wird dadurch eine sehr kurze Amortisationsdauer erreicht, während Unternehmen mit langen Produktzyklen im Vergleich zu ihren Maschineninvestitionen geringe Zusatzkosten für die Vertriebsoptimierung haben.
Der Klassiker zur Optimierung der Vertriebsleistung sind Sales Excellence Programme. Sie beginnen mit der Ist-Analyse anhand eines auf das Geschäftsmodell des Unternehmens zugeschnittenen Fragenkatalogs. Es wird berücksichtigt, ob das Unternehmen beispielsweise ein Key Account Management unterhält oder einen regionalen Vertrieb. Die Auswertung erfolgt in verschiedenen Dimensionen wie Strategie, Steuerung, Preispolitik, Leistungsmanagement, Beziehungsmanagement und Organisationsgestaltung. Sie ermöglicht einen Vergleich zu einem Branchenschnitt und die Festlegung von Zielwerten. Aus diesen können die Arbeitspakete definiert und abgearbeitet werden. Neben den Hard Facts sollte ein besonderes Augenmerk auf die weichen Faktoren gerichtet werden: Kommunikation, Wertschätzung, Transparenz und Sozialkompetenz innerhalb des Teams. Sie sind zu einer erfolgreichen Implementierung veränderter oder zusätzlicher Prozesse unabdingbar. In den letzten 10 Jahren konnten durch Sales Excellence Programme bedeutende Potenziale in vielen Firmen gehoben werden.
Die Rolle des Vertriebs ist vielfältiger geworden. Er ist nicht mehr länger auf die zentrale Funktion der Planung von Mengen und Festlegung von Preisen und Konditionen festgelegt, sondern spielt eine zunehmend integrative Rolle im Unternehmen. Als zentrale Kommunikationsschnittstelle zwischen der Kundenwelt und den internen Bereichen kommen ihm heute gleichzeitig die Aufgaben eines Sensors, eines Initiators und eines Moderators zu. Vertriebsmitarbeiter sollten die perfekte Sensorik für Trends besitzen, die richtigen Impulse setzen, Reibungsverluste zwischen operativen Bereichen durch Transparenz reduzieren und gleichzeitig Sensitivität in Planzahlen vermitteln und geschickter Verhandlungspartner auf Augenhöhe mit den Kunden und der eigenen Geschäftsführung sein. Macht man sich diese Anforderungen bewusst, fragt man sich anhand der Einleitung, „was hat das eigentlich mit Digitalisierung und KI zu tun?“. Die spontane Antwort „nichts“ wäre allerdings falsch. Die bessere Antwort wäre: „alles“. Denn Digitalisierung ist nichts ohne den Menschen mit seinen Wünschen, Eigenschaften und Fähigkeiten. Ein Team dem ein digitaler Prozess aufgestülpt wird, den es nicht versteht oder nicht teilt, wird diesen früher oder später ad absurdum führen. Ein digitaler Technologiekonzern lebt davon, dass seine Nutzer genau diese menschlichen Eigenschaften über Daten freiwillig mit ihm teilen. Und ein Autohersteller für Elektrofahrzeuge boomt auch deshalb, weil die Käufer seiner Autos alle Daten ihrer Fahrten ohne schlechtes Gewissen mit ihm teilen, da sie einen großen Nutzen auch für sich darin erkennen, teilautomatisiert fahren zu können.
Wie kann also Digitalisierung und KI in den kundennahen Bereichen konkret nützlich sein?
Zunächst wird ermittelt, welche Handlungsfelder werterzeugend sind. Dazu erstellen wir, ausgehend von Geschäftsmodell und Produkt vorzugsweise in einem Workshop gemeinsam die Customer Journey. Entlang der individuellen Berührungspunkte mit den Kunden ermitteln wir die bekannten Wertbeiträge, ihre Implikationen auf das Geschäft und ihre digitalen Abbildungen. Dabei entstehen in der Regel weitere Vorschläge für bisher nicht genutzte wertfördernde Elemente, die ebenfalls digital abbildbar sind, oder sogar erst durch konsequente Digitalisierung ermöglicht werden. Im Kern geht es um die Frage, wo menschliche Interaktion und wo digitale Ergänzungen oder Datenmodelle ihre Stärken ausspielen können. Daraus erhalten wir ein Gerüst der möglichen Handlungsfelder für die Digitalisierung.
Diese erste Vorstellung vom gewünschten Soll-Zustand wird mit Hilfe eines digitalen Reifegradmodells am Ist-Zustand des Unternehmens gemessen und daraus ein Handlungsrahmen festgelegt. Hierbei stellen sich Fragen wie:
(1) Gibt es analytisch ausgebildete Mitarbeiter oder Data Scientists?
Wenn nicht, wie können diese Funktionen anderweitig gewährleistet werden?
(2) Welche Daten sind geschäftsrelevant?
Sind diese strukturiert oder unstrukturiert?
(3) Wie sind Datenquellen zu nutzen?
Sind sie mit einander verknüpft?
(4) Wie korrelieren diese Daten mit den Zielen der einzelnen Bereiche (Vertrieb, Marketing, Service, Entwicklung, etc.)?
(5) Wie ist die Organisation aufzustellen, um die Daten bestmöglich zu nutzen?
(6) Welche Maßnahmen sollen durch Algorithmen empfohlen oder ausgeführt werden, und auf Basis welcher Daten?
(7) Welche Handlungen können oder sollen automatisiert werden, und welche Auswirkung sind dadurch in welchen Dimensionen zu erwarten?
(8) Sollen regelbasierte oder wissensbasierte Systeme verwendet werden?
und so weiter.
Können diese Fragen sicher beantwortet werden, zeichnet sich ein erster Schritt zum selbstlernenden und schrittweise teilautomatisierten Unternehmen ab. Die Organisation insgesamt bewegt sich in Richtung zu mehr Transparenz. Digitalisierung wird als hilfreich betrachtet, denn sie erzeugt eine konsistente Sicht auf das Unternehmen und seine Kunden. Das beweist auch mehr als deutlich, welche zentrale Funktion der Vertriebsbereich als Impulsgeber spielt, und wie wichtig seine Verzahnung als ein Rädchen im gesamten Getriebe des Unternehmens ist. Es wird deutlich, dass Digitalisierung in den kundenzentrierten Funktionen komplexer ist, als beispielsweise automatisierte Fehlererkennung durch Sensoren und Algorithmen in der Produktion.
An dieser Stelle wird bei den meisten Unternehmen die Frage stehen, welche Fähigkeiten die betreffenden Bereiche und Mitarbeitenden weiterentwickeln sollten, und wo sich das Unternehmen mit Know-how durch Partner oder neue Mitarbeiter verstärken sollte.
Nun geht es an die Umsetzung der Digitalisierungsschritte. Es können beispielsweise automatische Analysen erstellt werden, die die Frage beantworten „warum ist etwas passiert?“ und möglicherweise bereits erste Vorhersagen getroffen werden: „was wird voraussichtlich passieren?“. In der Kundenkommunikation dreht sich heute vieles um Chatbots, Collaboration Bots und Schlagworte wie Conversational Commerce. Diese Themen kommen aus dem B2C Geschäft. Wenn allerdings versucht wird, automatisierte Systeme auf Kunden mit individuellen Wünschen loszulassen, haben schon große Konzerne versagt. Die Funktionalität einer „sogenannten KI“ führte dabei vielfach zu Frustration und Abwanderung auf der Kundenseite. Es ist daher immens wichtig, die richtigen Felder für Digitalisierung zu identifizieren, um nicht Gefahr zu laufen mit gescheiterten Alibi-Projekten die gesamte Digitalisierungsoffensive zum Erliegen zu bringen. Im B2B-Bereich kommt unter anderem dem Algorithmic Market Research eine steigende Bedeutung zu. Computergestützte Programme können Unmengen an Daten (Big Data) viel besser auswerten als der Mensch, und Muster zielsicher erkennen. Sofern vorab sichergestellt ist, dass die Daten relevant sind, wofür ebenfalls wieder nichts ohne ausgebildete Menschen mit ihren Analysefähigkeiten geht.
Wie kann ein Unternehmen die Digitalisierung in Vertrieb und Marketing voranbringen?
Aus langer Erfahrung in den verschiedensten Unternehmen gelange ich immer noch zu demselben Schluss: die größten Potenziale der Vertriebsoptimierung sind durch die Bank in der Zusammenarbeit der Menschen in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Service sowie der sinnvollen Verzahnung mit den Menschen in anderen Unternehmensbereichen zu finden. Daran hat auch das Mooresche Gesetz mit der Verdoppelung der Rechenkapazität alle zwei Jahre bis heute nichts geändert. Dazu gehört die für manche Vertriebsmitarbeiter harte Erkenntnis, dass der Vertrieb nicht als Insel der Glückseligen mit den besten Informationen und den größten Dienstwagen gesehen werden sollte, und darum seinen Wertbeitrag im Unternehmen gut kommunizieren muss. Ist dieser erste Schritt geschafft und die Beteiligten setzen sich mit einem gemeinsamen Ziel und kooperativ an einen Tisch, dann kann der Startschuss für Digitalisierung gelingen.
Ein wichtiges Instrument zur Beurteilung, welche Prozesse automatisiert werden können, wird beispielsweise im Servicebereich erfolgreich verwendet: die Value-Irritant- Matrix nach Price und Jaffe (2008). Sie ermöglicht die Bereiche zu identifizieren, in denen Kunde und eigenes Unternehmen durch Dialog zusätzlichen Wert erzeugen. In diese soll mehr Zeit und Energie in Form von persönlichem Kontakt investiert werden. Kernbereiche zur Automatisierung und Digitalisierung sind dadurch gekennzeichnet, dass der Kunde zwar einen Mehrwert davon hat, sie jedoch auf das eigene Unternehmen störend wirken, da die Interaktion keinen internen Mehrwert liefert. In diesen Bereichen kann der Kunde sich besser selbst helfen, indem er auf automatisierte Angebote zurückgreift.
Welcher Weg bei der Vertriebsoptimierung sinnvoll ist, ergibt sich in der Realität der Unternehmen oft innerhalb kürzester Zeit durch eine Analyse. Erfahrungsgemäß sind die zu verbessernden Prozesse und ihre Anwendung nur ein wichtiger Teil der Aufgabe. Wie bereits zur Rolle des Vertriebs als Mittler zwischen Kunden und internen Bereichen dargestellt, liegt ein großer Teil des Hebels jedoch nicht allein in der Effizienz, also die Dinge richtig zu tun, sondern in der Effektivität, also das Richtige zu tun.
Mit Ihnen gemeinsam den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens zu ermöglichen ist meine Berufung. Was Ihre spezifischen Anforderungen und Ziele sind, und welche Veränderungen dabei erreicht werden können, diskutiere ich gerne mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch.
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